Auf der Website der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main findet sich eine Stellungnahme gegen die fortschreitende Ökonomisierung des Bildungssystems, welche von den Erziehungswissenschaftlern Andreas Gruschka, Ulrich Herrmann, Frank-Olaf Radtke, Udo Rauin, Jörg Ruhloff, Horst Rumpf und Michael Winkler unterzeichnet wurde:
 

Fünf Einsprüche gegen die technokratische Umsteuerung des Bildungswesens

Wir laden ein zu einer Zusammenkunft von Erziehungswissenschaftlerinnen und Pädagogen am
Montag, dem 10. Oktober 2005, 12.30-17 Uhr,
Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Campus Bockenheim, Mertonstraße, Hörsaal IV
Bei dieser Gelegenheit sollen die folgenden fünf Einsprüche erläutert, diskutiert und der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
  1. Wir wenden uns gegen die Illusionen einer alle politischen Parteien übergreifenden Bildungspolitik, die das Bildungssystem nach betriebswirtschaftlichen Mustern in den Griff zu bekommen sucht.
  2. Wir widersprechen der völlig irreführenden Behauptung, bei der gegenwärtigen Umorganisation der Bildungsinstitutionen gehe es um mehr Autonomie von Schulen und Hochschulen.
  3. Wir halten es für einen folgenschweren Irrtum, wenn behauptet wird, Erziehungswissenschaft erfülle ihren öffentlichen Auftrag nur dann, wenn sie unmittelbar verfügbare und kurzfristig nutzbare Ergebnisse für Politik und Praxis zeitige.
  4. Wir protestieren gegen die weitere Aushöhlung von universitären Studiengängen - insbesondere auch in der Lehrerausbildung - durch ihre zunehmende Verschulung.
  5. Wir bezweifeln die vorherrschende Meinung, die Festlegung und Durchsetzung von Leistungsstandards zur Überprüfung von Basiskompetenzen sei ein geeignetes Mittel, um der demokratischen Forderung nach größtmöglicher Gleichheit der Bildungschancen Genüge zu tun.
Aufruf und die fünf Thesen ausführlich als PDF.

Die FAZ kommentiert hierzu:
Ausgestattet mit einem ausgeprägten historischen Bewußtsein, hätten es vielleicht mehr Hochschullehrer gewagt, an die Verantwortung der Schulen und Hochschulen für die Entwicklung selbständig denkender und urteilender Menschen zu erinnern. Denn sie müßten durch das hörige Mitläufertum vieler ihrer Amtsvorgänger im vergangenen Jahrhundert gewarnt sein. Heutzutage riskiert kein Professor seine Existenz, wenn er Kritik nicht nur äußert, sondern sich dem kurzatmigen, ministeriell verordneten Reformaktivismus widersetzt.

# Dienstag, 16. August 2005, 18:44, von moe in Kritisches

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