Das Special zum Thema Studiengebühren von hr online liefert einen guten Überblick und zeigt zum Beispiel auch die die Pläne der Landesregierung und die Positionen der Parteien in kurzen, prägnanten Artikeln auf.
Richard Gleim kommt dem Bildungsauftrag des Weblogs "Mehrzweckbeutel" in einem wie ich finde recht gelungenen Artikel nach: Wie kann man nur Bildung der Heranwachsenden gegen die Versorgung der Rentner aufrechnen! Ist es nicht viel gescheiter, Steuern von Sozialausgaben und damit auch die dafür notwendigen Einnahmen säuberlich zu trennen? Wie hier berichtet geht es auf keinen Fall. Bildung und Ausbildung haben absoluten Vorrang. Für jeden und für uns alle und für uns als Mitglieder eines Staatswesens. Da kann es keine Abstriche geben. Im Gegenteil, da muss aufgestockt werden. Das ist lange und oft genug diskutiert worden und da herrscht eine große Übereinstimmung über die Grenzen der politischen Gruppierungen hinweg.
Die Bildung der Jungen hat nichts, überhaupt nichts mit der Versorgung der Alten zu tun. Und die Altersversorgung der jetzt noch Jungen wird wohl nur erreicht, wenn diese in der Lage sind, im großen Konzert mitzuhalten, d.h. auch, wie es vorgesehen ist, für sich selbst zu sorgen. Man kann doch nicht einerseits die Bildungschancen herabsetzen und gleichzeitig fordern, die somit Benachteiligten hätten verdammt noch mal für sich selbst zu sorgen. Das erscheint mir als glatter Irrsinn. Und mir erscheint der neoliberale Kapitalismus als glatter Irrsinn - denn genau da muss man doch eine derartige Haltung einsortieren. Oder irre ich da?
Denn Macht wird hier durch angeblich gleiche Möglichkeiten der Teilhabe kaschiert. Jedem der scheitert, wird die Verantwortung dieses Scheiterns persönlich angelastet. Die Ungleichheiten sind somit also von den Mächtigen gewollt, auch wenn etwas anderes behauptet wird.
Genau so eine Argumentation gab es im Streik-Forum der Uni Giessen: Hier fordert jemand, einerseits doch bitte das Studium als Beruf zu begreifen und nicht nebenher zu arbeiten, spricht sich aber andererseits für die Erhebung von Studiengebühren aus, um damit das Bildungssystem zu finanzieren. Sicher, die Qualität der Hochschullehre möge sich so verbessern, aber dies nur für einige wenige, die es sich leisten können. Dies kann nicht im Interesse des Allgemeinwohls liegen
Solidarische Grüsse in die Hauptstadt!
Beschluss der Vollversammlung der Studierenden der TU Berlin am 5.11.2003
Hiermit beschließt die Vollversammlung der Studierendenschaft der Technischen Universität Berlin (TUB) als Konsequenz aus den unten genannten Punkten einen unbefristeten Streik.
1. Einschneidende Kürzungen an den Berliner Hochschulen
2. Einführung von Studiengebühren + Studienkonten
3. Gremienstruktur der Hochschulen, die auf professoraler Mehr-heit basiert. [via Streikseite der TU-Berlin]
Eine interessante Umfrage gibt es gerade bei Spiegel Online:
Studiengebühren: Sollen Langzeitstudenten zahlen? (unten auf der Seite)
Das momentane Ergebis:
Überraschend fand ich, wie relativ ausgewogen die Ergebnisse sind: Gut die Hälfte der Spiegel Online-Leser sind gegen Studiengebühren, knapp ein Drittel dafür, und gut 14% haben Vorbehalte.
Bei IndyMedia ist eine recht umfangreiche Zusammenfassung zum Thema Studiengebühren mit vielen weiterführenden Links erschienen:
Studium ohne Gebühr? Letzte Runde, Ende, Aus
Ein Auszug aus dem Schluss des Artikels: Wenn es den Studierenden - nicht nur in Hessen - nicht bald gelingt, wirksamere Widerstandsformen zu entwickeln, dürfte diese Szenario kaum mehr abzuwenden sein. Verabschieden sollte man sich dabeiu aber von der Vorstellung, man brauche bloß genügend gute Argumente gegen Studiengebühren zu haben und werde damit dann schon irgendwie die politische Entwicklung beeienflussen können - wie es etwa das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) seit langem mit ebenso großem argumentativer Anstrengung wie geringem praktischem Erfolg seit langem tut. Das einziger, was jedoch bei Politikern wie Roland Koch, Peter Frankenberg, Jörg Dräger und Angela Merkel wirklich Eindruck macht, ist die tatsächliche MACHT des Gegners. Nur wenn es den Studierenden in ganz Deutschland gelingt, deutlich machen, daß es entweder Hochschulen ohne Studiengebühren und mit studentischer Mitbestimmung geben wird, oder gar keine Hochschulen, werden sie Erfolg haben können. Ohne einen bundesweiten Besetzungsstreik ist dies nicht möglich. Hoffen wir, daß die Ankündigungen einiger vorwitziger Gießener Kommilitonen nicht länger ohne Echo bleiben. Ausserdem gibt es eine Wiki-Seite zum Ideen sammeln:
Aktionen gegen Sozialabbau, Studiengebühren, und mehr...
Roland Koch, der der bei den Universitäten, Bahnhofs- und Flughafen-Missionen, ProFamilia, Schulderberatung, dem Siegmund-Freud-Institut, dem Habermas-Institut, der Hessischen Friedens- und Konfliktforschung etc. z.T. sämtliche Zuschüsse streicht und die ohnehin teuren Uni-Gebühren weiter drastisch erhöhen will, lässt auf der anderen Seite die Subventionen und Zuschüsse für die Winzer oder etwa der Pferderennbahn in Frankfurt unangetastet. Jetzt kündigte er gar als Aufsichtsratsvorsitzender der Fraport AG an, die Bezüge des Vorstandes um rund 30% - auch gegen den Willen der Belegschaft - erhöhen zu wollen. [via Hitchhikers Pflichtlektüre]
In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich. (Quelle)
Hessen ist pleite, das weiß jeder. Doch was die hessische Regierung daraus alles folgern kann, dass hätte sich wohl niemand in seinen kühnsten Träumen vorstellen können. Roland Koch hielt eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede und erklärte den hessischen Bürgern, dass sie jetzt alle zusammenhalten und “solidarisch” sein müssten. Was diese “Solidarität” dann allerdings bedeutete, dass war mindestens zynisch. In der “Operation Sichere Zukunft” wurde ein Sparpaket von 33% des Landeshaushalts gepackt. Und was man da einpackte, trieb einem schon die Tränen in die Augen. Auch wir Studierenden dürfen solidarisch sein. Neben “Verwaltungskosten” von 50 €, die in Zukunft jeder pro Semester zahlen muss, kommt jetzt auch das Medienphantom der letzten Jahre dran – der Langzeitstudent. Damit der nämlich mal zügig im Studium weiterkommt, wird er ab Regelstudienzeit plus 3 oder 4 Semester mit 500-900€ Zusatzkosten “motiviert”. Dabei verursacht er keinerlei zusätzliche Kosten und nimmt auch niemandem seinen Platz im Seminar weg, da er seine Seminare einfach über einen längeren Zeitpunkt belegt. Für ein Zweitstudium ist man je nach Studiengang mit bis zu 1500 € dabei. Wohin alle die Studierenden gehen sollen, die dann die Uni verlassen (in Baden-Württemberg haben 40% der Studierende ihr Studium nach Einführung von Studiengebühren abbrechen müssen), verspricht interessant zu werden. Wer ein Kind aufzieht, erhält immerhin vier Semester Aufschub. Wohin das Kind dann kommt, ist allerdings die Frage, denn für Kinder unter drei Jahren gibt es in Gießen kaum noch Betreuungsplätze und egal, wie man es rechnet: Vier Semester sind eben nur zwei Jahre. Wem der Druck, in limitierter Zeit zu studieren, allerdings psychische Probleme bereitet, der hat Pech gehabt, denn auch bei Psychotherapie und Psychiatrie hat der Rotstift zugeschlagen. Wer es in der Zeit nicht schafft und nicht das notwendige Kleingeld bereit hält, für den wird es auch ganz dunkel. Schuldnerberatungen erhalten in ganz Hessen keinerlei Zuschüsse mehr. Drogenberatung und Suchtprävention scheint der Meinung des hessischen Ministerpräsidenten nach auch nicht notwendig zu sein, dass dies wohl doch wichtig ist, erkennt man daran, dass die Universität kürzlich erst einen Maßnahmenkatalog für Suchtgefährdete und süchtige Mitarbeiter entwickelt hat. Die Opferhilfe wird gekürzt, Vereine, die sich um vergewaltigte Frauen oder den Schutz von Kindern kümmern, erhalten weniger Geld, das Frauenhaus in Gießen gar keins mehr. Das verbliebene Frauenhaus des Sozialdienstes katholischer Frauen hat gerade mal acht Plätze. Bei etwa 25.000 Studierenden (von 72.000 Einwohnern Gießens gesamt), davon etwa die Hälfte Frauen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch eine Studentin hier Zuflucht suchen muss, sehr groß. So gerne die CDU in mehr Polizei und sonstige repressive Sicherheitsmaßnahmen investiert, desto weniger kümmert sie sich jetzt um die Verbrechensopfer. Welche Schwerpunkte der Justizminister hier gesetzt haben will, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Erziehungsbeihilfen und -beratung können wohl auch kaum noch gewährleistet werden. Hiervon betroffen sind auch die studentischen Eltern, bei denen das Geld meist ohnehin schon sehr knapp ist. Fazit: Nur wer jung, nicht behindert, deutsch, kinderlos und gut betucht ist, kann in diesem Land noch auf Unterstützung hoffen, alle anderen springen über die Klinge! Der Landeshaushalt wird auf Kosten der Schwachen saniert, denn die wehren sich nicht! [Eva Janzen, via ASTA der JLU Gießen]
Die hessische Landesregierung plant im Zuge der leeren Kassen die Einführung von Verwaltungsgebühren und Langzeitstudiengebühren. Mag sein, dass du dir jetzt denkst: na gut, ich zahle doch gerne, wenn die Ausbildungssituation an meiner Hochschule dafür besser wird. Pustekuchen, die Einnahmen aus beiden Gebührensätzen sollen ausschließlich der Landeskasse zugute kommen. Gleichzeitig hat die Regierung den Hochschulpakt, der zur Sicherung der Hochschulfinanzierung geschlossen wurde, gekündigt. Die hessischen Hochschulen erhalten im nächsten Jahr 30.000.000 Euro weniger. Was unter dem Strich bleibt ist eine weitere Verschlechterung der Ausbildungssituation und eine finanzielle Mehrbelastung der Studierenden.
Was das ganze für dich bedeutet:
* Alle Studierenden werden (so der Plan) 50 Euro pro Semester mehr bezahlen.
* Ab dem 13. Semester kommen noch einmal 500-1500 Euro Langzeit- oder Zweitstudiengebühren dazu.
* Die Hochschulen bekommen 30.000.000 Euro weniger, was zwangsläufig zum Personalabbau und damit zur Verschlechterung deiner Betreuung führt.
Noch ist nichts passiert! Am 04. November geht das große Streichpaket zum ersten mal in den hessischen Landtag. Diese Gelegenheit wollen wir hessenweit nutzen, um unserem Protest Ausdruck zu verleihen. [via AStA - Allgemeiner Studierendenausschuss Uni Frankfurt]