Hessen ist pleite, das weiß jeder. Doch was die hessische Regierung daraus alles folgern kann, dass hätte sich wohl niemand in seinen kühnsten Träumen vorstellen können. Roland Koch hielt eine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede und erklärte den hessischen Bürgern, dass sie jetzt alle zusammenhalten und “solidarisch” sein müssten. Was diese “Solidarität” dann allerdings bedeutete, dass war mindestens zynisch. In der “Operation Sichere Zukunft” wurde ein Sparpaket von 33% des Landeshaushalts gepackt. Und was man da einpackte, trieb einem schon die Tränen in die Augen. Auch wir Studierenden dürfen solidarisch sein. Neben “Verwaltungskosten” von 50 €, die in Zukunft jeder pro Semester zahlen muss, kommt jetzt auch das Medienphantom der letzten Jahre dran – der Langzeitstudent. Damit der nämlich mal zügig im Studium weiterkommt, wird er ab Regelstudienzeit plus 3 oder 4 Semester mit 500-900€ Zusatzkosten “motiviert”. Dabei verursacht er keinerlei zusätzliche Kosten und nimmt auch niemandem seinen Platz im Seminar weg, da er seine Seminare einfach über einen längeren Zeitpunkt belegt. Für ein Zweitstudium ist man je nach Studiengang mit bis zu 1500 € dabei. Wohin alle die Studierenden gehen sollen, die dann die Uni verlassen (in Baden-Württemberg haben 40% der Studierende ihr Studium nach Einführung von Studiengebühren abbrechen müssen), verspricht interessant zu werden. Wer ein Kind aufzieht, erhält immerhin vier Semester Aufschub. Wohin das Kind dann kommt, ist allerdings die Frage, denn für Kinder unter drei Jahren gibt es in Gießen kaum noch Betreuungsplätze und egal, wie man es rechnet: Vier Semester sind eben nur zwei Jahre. Wem der Druck, in limitierter Zeit zu studieren, allerdings psychische Probleme bereitet, der hat Pech gehabt, denn auch bei Psychotherapie und Psychiatrie hat der Rotstift zugeschlagen. Wer es in der Zeit nicht schafft und nicht das notwendige Kleingeld bereit hält, für den wird es auch ganz dunkel. Schuldnerberatungen erhalten in ganz Hessen keinerlei Zuschüsse mehr. Drogenberatung und Suchtprävention scheint der Meinung des hessischen Ministerpräsidenten nach auch nicht notwendig zu sein, dass dies wohl doch wichtig ist, erkennt man daran, dass die Universität kürzlich erst einen Maßnahmenkatalog für Suchtgefährdete und süchtige Mitarbeiter entwickelt hat. Die Opferhilfe wird gekürzt, Vereine, die sich um vergewaltigte Frauen oder den Schutz von Kindern kümmern, erhalten weniger Geld, das Frauenhaus in Gießen gar keins mehr. Das verbliebene Frauenhaus des Sozialdienstes katholischer Frauen hat gerade mal acht Plätze. Bei etwa 25.000 Studierenden (von 72.000 Einwohnern Gießens gesamt), davon etwa die Hälfte Frauen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch eine Studentin hier Zuflucht suchen muss, sehr groß. So gerne die CDU in mehr Polizei und sonstige repressive Sicherheitsmaßnahmen investiert, desto weniger kümmert sie sich jetzt um die Verbrechensopfer. Welche Schwerpunkte der Justizminister hier gesetzt haben will, wird wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Erziehungsbeihilfen und -beratung können wohl auch kaum noch gewährleistet werden. Hiervon betroffen sind auch die studentischen Eltern, bei denen das Geld meist ohnehin schon sehr knapp ist. Fazit: Nur wer jung, nicht behindert, deutsch, kinderlos und gut betucht ist, kann in diesem Land noch auf Unterstützung hoffen, alle anderen springen über die Klinge! Der Landeshaushalt wird auf Kosten der Schwachen saniert, denn die wehren sich nicht! [Eva Janzen, via ASTA der JLU Gießen]