Ich komme eben vom Kugelbrunnen in Gießen...dort und an vielen anderen Stellen in Gießen geht der Protest weiter und wird gut besucht!

Leider fehlte eine Liste der Redner (könnte organisatorisch verbessert werden!), deshalb habe ich mich kurzfristig als Streikhelfer eingebracht und etwas beim Live-Spiel im Seltersweg mitgemacht.

Es waren erstaunliche viele Leute mittleren Alters unterwegs, die sich allesamt im Zweitstudium befinden; ihre Meinung ist deutlich - ein Beispiel: :

"Ich befinde mich im Zweitstudium 9. Semester Jura, das wird für mich sehr eng, ob ich da noch durchkomme?! das ist sowieso Quatsch, wenn das Geld, wie ich mittlerweile herausbekommen habe nicht einmal in die Universität gelangt, sondern irgendwo im Haushalt unterkommt, wo man es da nicht sieht. - Außerdem kann ich mir dann ja zukünftig auch überlegen, ob ich nicht besser eine hochwertige Weiterbildung leiste, die mich dann etwa 3000Euro kosten wird, das aber für 4 semester, da fahre ich glatt günstiger und Anerkennung findet so eine Weiterbildung auch."

Wobei ich finde, dass dieser Weg ja genau der falsche ist. Das Geld bleibt dann nämlich in der Privatwirtschaft hängen, da teure Weiterbildungen allzuoft privatwirtschaftlich organisiert sind. Auf Kosten hochwertiger wissenschaftlicher Ausbildung, so wird vielerorts implizit argumentiert, könne man ein effektiveres privates Ausbildungssystem schaffen, welches die gleichen produktiven Effekte zeitige.

Nochmal: Bildung ist nicht sinnvoll messbar innerhalb von ökonomischen Kategorien von Input-Output, schon allein wegen der Zeitverzögerung bei den Effekten, die sie zeitigt. Dass der Wert an sich angezweifelt wird erscheint als Spiegel der Gesellschaft, die sich ganz aufs Auszählen von Leistung eingeschossen hat. Soziale Selektion ist letztlich das Ergebnis solcher Bildungspolitik.

Wer mehr zu solch einer Argumentation zum Zusammenhang von Ökonomie und Bildung lesen möchte, den verweise ich auf den Artikel: "Es muss sich wieder lohnen, ein Primus zun sein!" (Ein Gespräch mit Hans-Olaf Henkel,
Präsident der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz):

http://www.die-bonn.de/zeitschrift/22002/gespaech.htm

(dt)

# Dienstag, 11. November 2003, 18:58, von deep thought in Giessen

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